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41ISSA von 'Live from Earth' über das Finden des eigenen Sounds

Die Zeit läuft vorwärts und rückwärts zugleich. Alissas gerade veröffentlichter Track 'Suzuki' thematisiert ihre ersten Clubnächte vor zehn Jahren und Zukunftsvisionen zugleich.

for i-D Magazine

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Die Zeit läuft vorwärts und rückwärts zugleich. Alissas gerade veröffentlichter Track 'Suzuki' thematisiert ihre ersten Clubnächte vor zehn Jahren und Zukunftsvisionen zugleich.

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Die Zeit läuft vorwärts und rückwärts zugleich. Alissas gerade veröffentlichter Track 'Suzuki' thematisiert ihre ersten Clubnächte vor zehn Jahren und Zukunftsvisionen zugleich.

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Inspiriert von ihrer Jugend im Berlin der 00er Jahre hat Alissa Dovgucic, besser bekannt als 41ISSA, gemeinsam mit ihrem Freund O-Wells den Track Suzuki produziert - Opener ihrer gerade bei Live from Earth erschienen Debut EP 8BKM9. Alles, was wir darauf zu hören bekommen, haben die beiden selbst eingesungen, bearbeitet und moduliert und so einen Sound kreiert, der sich sofort im Ohr verhakt.

Suzuki schafft es zwischen Electro, Techno und Trance zu changieren und ist nostalgisch und futuristisch zugleich. „Wir haben uns beim Produzieren an unsere ersten Clubnächte erinnert und uns von diesem Vibe und der Stimmung intuitiv beeinflussen lassen. Wie der Name aber schon andeutet, geht es gleichzeitig auch um Schnelligkeit und Fortschritt.“

In unserem Gespräch erzählt Alissa allerdings nicht nur von ihrer Musik und dem Leben in Berlin und Frankfurt, sondern auch von Belarus, wo ihre Mutter aufgewachsen ist und ihre Großmutter noch immer lebt. Im Kampf für ein demokratisches und unabhängiges Land inhaftiert zu werden, ist dort zur Normalität geworden - trotzdem versucht Alissa ihren Optimismus nicht zu verlieren. „Wir werden nicht aufgeben, denn wir bewegen uns Schritt für Schritt auf die Freiheit zu. Man kann uns nicht brechen.“ Während wir uns unterhalten wird aber auch deutlich, wie schwer es ist, die Hoffnung auf Veränderung aufrechtzuerhalten, die unmittelbare Betroffenheit ist spürbar. „Politische Gefangene sind unser größter Schmerz.“

Für die Fotos haben wir Alissa im Monarch am Kottbusser Tor nach ihrem Set fotografiert.

Alissa, ihr habt für Suzuki ein knallbunt schimmerndes, hyperdigitales Video entwickelt, das auch zentrale Zukunftsfragen thematisiert. Was kannst du uns dazu erzählen?
Im Video geht es um Geschwindigkeit und das Feeling von Weiterentwicklung. Deshalb sieht man auch ständig wechselnde Städte im Hintergrund und menschliche Elemente des Fortschritts wie Hochhäuser, Autos, Motoren. Gleichzeitig sollte sich allerdings allmählich auch die Erkenntnis durchsetzen, dass sich immer schnelleres Wachstum mit unseren natürlichen Ressourcen nicht vereinbaren lässt. Deshalb entwickeln sich auch unsere Looks von Laissez-faire zu eher dystopisch.

Frankfurt lässt sich gut anhand von Kontrasten charakterisieren: Verspiegelte Wolkenkratze und Börse einerseits, andererseits Apfelweingemütlichkeit und Kunsthochschule. Dazwischen liegt die berüchtigte Halbwelt des Bahnhofsviertels, das viele vor allem mit Sex, Drogen, Bars und Kriminalität verbinden – für die einen ist es Verlockung, für die anderen eher Zumutung. Wie hast du die Stadt erlebt?
Ich habe dort von Anfang an eine besondere Energie gespürt. Es clashen die unterschiedlichsten Subkulturen aufeinander. Für mich ist es die internationalste Stadt Deutschlands. Wenn ich an Frankfurt denke, fällt mir die riesige eritreische Community ein, Rapper wie Haftbefehl und Leute, die mit Anzug und Lackschuhen zur Arbeit gehen - das kannte ich aus Berlin alles nicht.

Frankfurts Partyherz schlägt im industriellen Brachland Offenbachs, da dort das Robert Johnson ist. Partys fühlen sich dort sehr familiär an, fast wie eine Afterhour bei jemandem zu Hause.
Ich glaube, das liegt auch daran, weil der Club eben nicht in Frankfurt liegt. Mit dem Taxi braucht man zwar trotzdem nur gute zehn Minuten, aber im Kopf ist da eben eine psychologische Grenze bei vielen. Wenn man schon den Weg auf sich nimmt, will man auch die Nacht über bleiben und was erleben. Obwohl ich im Robert viel neue Musik entdeckt habe, war mein Lieblingsclub aber das unterirdische U60311 in einer ehemaligen Fußgängerunterführung mitten im Stadtzentrum. Ich fand den Sound dort interessanter und schneller und die Partys richtig experimentell-ekstatisch.

Was die schönsten Momente der Nacht sind? Wenn man angetrunken wirklich in die Musik eintaucht. Ich mag das Sich-Verlieren in der Menge und die Euphorie, die einen beim Tanzen in dunklen, überfüllten Räumen ergreift.

Fashion und Musik sind seit jeher eng miteinander verbunden und das Erscheinungsbild Teil der eigenen Identität. Was bedeutet dir Mode?
Ich habe mich noch nie groß für Trends interessiert, was wahrscheinlich daran liegt, dass ich mir dauernd neue Klamotten nicht leisten konnte. Was mir aber immer schon wichtig war, sind die richtigen Styles und Fits. Ich will, dass mein Outfit farblich zu meiner Stimmung passt und liebe unerwartete Kombinationen, die das Auge ein bisschen herausfordern. Zu kuratierte Looks finde ich langweilig, mir gefällt, wenn ein Outfit auf eine nicht so einfach zu durchblickende Art schön ist. In letzter Zeit läuft es beruflich ziemlich gut bei mir, deshalb kaufe ich mir jetzt auch öfter mal etwas Teures, wie neulich einen Pulli von GmbH. Es tut gut, sich immer wieder mal was zu gönnen.

Was sind für dich die schönsten Momente der Nacht?
Wenn man angetrunken wirklich in die Musik eintaucht. Ich mag das Sich-Verlieren in der Menge und die Euphorie, die einen beim Tanzen in dunklen, überfüllten Räumen ergreift. Wenn die Leute an der Bar, die DJs und Gäste alle zu einem flüchtigen Kollektiv verschmelzen. Als ich neu in Frankfurt war und noch niemanden kannte, bin ich öfter alleine unterwegs gewesen. Das habe ich davor in Berlin nie gemacht, kostet natürlich etwas Überwindung, aber eigentlich sollte jeder das mal machen. Man ist den anderen dann so nah und trotzdem beruhigend fremd – und kann sich einfach treiben lassen. Mir hat die Anonymität der neuen Stadt richtig gut getan.

Du bist jetzt Teil des Berliner Labels Live from Earth. Wie ist das gekommen?
Einer der ursprünglichen Gründer ist ein guter Freund von mir und ich mochte von Anfang an die Idee, ein Label zwischen Musik, Mode und Videoart aufzubauen, das aber auch politische Aktionen startet. Viele Ideen werden dort zusammengedacht, man spürt die Synergie. Als sie dann vor ein paar Jahren das Sub-Label LFEK gegründet haben, das hauptsächlich elektronische Musik veröffentlicht, haben sie mich gesignt - ich wurde dort wirklich sehr sweet aufgenommen und unterstützt.

Ein ganz anderes Thema: Deine Familie kommt aus Belarus, du hast dort schon immer viel Zeit verbracht. Wie nimmst du das Land seit den offensichtlich manipulierten Präsidentschaftswahlen 2020 wahr?
2020 hat alles verändert. Angeblich haben ja 80 Prozent der Wähler:innen für das Lukaschenko-Regime gestimmt. Seitdem ist die belarussische Zivilgesellschaft beispiellosen Repressionen und Tyrannei ausgesetzt. Das Land wurde erschüttert. Es gab dort so viele kreative Menschen, aber sie werden ins Exil getrieben oder eingesperrt. Die meisten Belaruss:innen, die ich kenne, würden gerne bleiben und das Land aufbauen. Aber wenn man bleibt, verliert man sich selbst. Mut, das kann auch sein, sich für seine Zukunft zu entscheiden. Trotzdem träumen wir alle von der Rückkehr in ein freies Land.

Wie gehst du mit all dieser Trauer und Frustration um?
Meine Gefühle sind ein einziges Chaos. Das diktatorische Regime dort ist menschenverachtend, deshalb müssen wir mehr denn je unsere demokratischen Grundwerte verteidigen. Ich liebe Belarus, aber was dort gerade passiert, macht mich fassungslos. Es ist ein Bruch mit meiner eigenen Identität. Diesen Schmerz trage ich ständig in mir.

Kannst du sagen, wer dich musikalisch gerade am meisten inspiriert?
Neulich habe ich Tayhana im Berghain gehört und war hin und weg. Die Musik, die sie produziert, klingt, als ob sie gezaubert wäre.

Erzähl uns doch abschließend noch, womit du dich als Nächstes beschäftigen willst!
Ich bin gerade immer noch dabei, meinen eigenen Sound und meine musikalische Ästhetik weiterzuentwickeln. Ich will definieren, was mich als Künstlerin ausmacht: Wie will ich klingen? Wo will ich hin? Aber gerade genieße ich den Zustand des Noch-nicht-Festgelegten.

Credits:

Fotos: Rae (Mee-Jin) Tilly