Seit 19 Jahren trifft sich im September die schwul-lesbische Lederszene und BDSMler:innen zum legendären Folsom-Fetisch-Straßenfest in Berlin-Schöneberg rund um die Fugger-, Motz- und Welserstraße.
Nach Angaben der Veranstalter ist das Event das größte seiner Art in Europa und versammelt Tausende in Latex und Leder gepackte oder teils unbekleidete Fetisch-Fans. Vorbild ist ein amerikanisches Festival, das seit Mitte der 80er in der Folsom Street in San Francisco gefeiert wird und Teil der Leather Pride Week ist.
Ein Wochenende lang demonstrierte Berlin mal wieder seinen Ruf als tolerante und weltoffene Stadt, in der sich Menschen mit unterschiedlichen Herkünften und Vorlieben wohlfühlen können. Geprägt wurde das Straßenbild an den Tagen von stiernackigen Lederkerlen, Daddys, Gummiliebhabern und Paaren, die beim Spaziergang eher auf Hundeleine als Händchenhalten stehen. Zu sehen gab es deshalb reichlich Bondage-Geschirr, Motorradkluften, Schirmmützen, Camouflage-Looks, Uniformen, Wrestlingmasken aus Latex und Puppies, die durch den Kiez geführt wurden.
Ein Jahr nach seiner Gründung im Jahr 2004 sorgte das Fest bereits für einen Eklat, denn der ehemalige Bürgermeister Klaus Wowereit wagte es damals, ein herzliches Grußwort an Europas Fetischfreunde im Flyer der Veranstaltung zu richten: „Eine Veranstaltung wie das Folsom Europe passt zu Berlin: Als Treffpunkt für Menschen aus aller Welt, die zusammenkommen, um miteinander zu feiern, sich mit Gleichgesinnten austauschen und Spenden für karitative Zwecke sammeln. So werden Vorbehalte abgebaut.“
Viele Menschen empfanden Anfang der 00er Jahre einen Politiker, der sich mit der BDSM-Szene assoziierte, als unpassend - eine Grenze, so die Allgemeinheit, war überschritten, Wowereit zu weit gegangen. Fast 20 Jahre später ist Latex längst im Mainstream angekommen, SM-Fantasien werden selbst in Hollywood-Filmen wie Fifty Shades of Grey thematisiert und sorgen für ebenso überwältigende wie erstaunliche Erfolge an der Kinokasse.
Nur für einige scheint die Veranstaltung noch immer Sinnbild harter Sexorgien zu sein, weshalb das Folsom-Festival manchmal auch als Porno- oder Sado-Maso-Fest verschrien ist. Die Vorstandsmitglieder betonen deshalb gern, dass sich das Event vor allem für eine tolerante, offene und freie Gesellschaft einsetzt und man Fetisch-Kultur feiern will, um als internationale Community sichtbar zu werden. Außerdem ist Folsom Europe eine Benefizveranstaltung, die Einnahmen kommen hauptsächlich sozialen Projekten zugute.
Erfahrungsgemäß gilt das Event als eines der friedlichsten Straßenfeste Berlins, bei dem aber trotzdem Extreme ihren Platz finden und fast alles erlaubt ist.
Fotos: Spyros Rennt