„Im Thailändischen ist mir immer wieder der Ausdruck Luk khrueng begegnet, der so viel wie half child bedeutet. Menschen wie ich, die halb Thai sind, werden dort oft so genannt. Da ich mich durch diese Kollektion mit dem Heimatland meiner Mutter beschäftigt habe und so erzähle, was meine Identität prägt, fand ich den Namen passend - auch wenn mir diese Art von Kategorisierung eigentlich überhaupt nicht gefällt.“
Mode und Schmuck heißt Verbrauch von Ressourcen. Beim Umweltschutz geht es genau um das Gegenteil. Die Lösung von Schmuckdesignerin Lani Lees bedeutet deshalb: Upcycling. Jahrelang ist Lani bei ihren Reisen über Flohmärkte gestreift und hat dort nach Silberketten gesucht, deren einzelne Elemente sie anschließend auseinandergenommen, zurechtgebogen, umgeformt und wieder neu zusammengesetzt hat. So ist eine kleine Kollektion mit einem Sortiment aus Ketten, Ohrringen und Spangen entstanden – alles Unikate. Auch bei allen weiteren Materialien bedient sich Lani aus einem Kreislauf und arbeitet ausschließlich mit recyceltem Silber und Gold. Wichtigster Anspruch ihres Labels ist eine sauber aufgeräumte Lieferkette, denn der Glanz von Schmuck verdeckt nicht selten ein schmutziges Geschäft, viel zu oft verliert sich die Spur bei Rohstoffen im Ungewissen.

Es war mir wichtig, den Schmuck im richtigen Kontext zu inszenieren. Deshalb wollte ich, dass die Kampagnenbilder in Thailand entstehen
Mit einigen losen Gedanken und dem Gefühl im Kopf, wie die Bilder ihrer Kampagne aussehen sollen, ist Lani für das Shooting von A Quest for Identity - 'Luk Khrueng' (half child) mit ihrem Schmuck im Gepäck zu ihrer Mutter Somchat in den Norden Thailands gereist. Während Location, Fotograf und die beiden Models erst vor Ort gecastet wurden, stand für Lani hingegen von Anfang an fest, Somchat in die Bilder miteinzubeziehen. „Es war mir wichtig, den Schmuck im richtigen Kontext zu inszenieren, deshalb wollte ich ihn nach Thailand bringen. Ich möchte auf den Fotos abbilden, was für mich meine Heimat dort symbolisiert. Mein Herz hat angefangen zu rasen, als ich gesehen habe, wie meine Ideen in diesem Reisfeld, das wir für das Shooting ausgewählt hatten, Form angenommen haben. Es war ein wirklicher full circle moment. Unterbewusst ist durch das Trio, das ich zusammengestellt habe, eine Art Familienportrait entstanden, da ich gemeinsam mit meiner Mutter und meinem Bruder aufgewachsen bin.“
Auch beim Styling hat sich Lani von der traditionellen Kleidung vor Ort inspirieren lassen und auf lokalen Märkten nach Anglerhüten und Stoffen gesucht. Um so ressourcenschonend wie möglich zu arbeiten, sind daraus nach dem Shooting kleine Beutel entstanden, in denen nun der Schmuck verkauft wird.
Traditionell werden in Thailand an den meisten Silberketten, als Symbol des Glaubens, kleine Buddhafiguren als Anhänger getragen. Diese Idee hat Lani für ihre Designs aufgegriffen, aber entfremdet, damit die Ketten zur Ästhetik und Philosophie ihres Labels passen und keine religiöse Ausrichtung haben. Und wie hat sich Somchat als Model geschlagen? „Sie hat sich vor der Kamera bewegt, als hätte sie nie etwas anderes getan”, erzählt Lani. “Bei meinem Label geht es darum, Menschen ganz unabhängig von Alter, Geschlecht und Herkunft zu zeigen. Deshalb habe ich mich auch ganz bewusst für meine Mutter als Protagonistin der Kampagne entschieden. Ich wollte hinterfragen, was es heutzutage bedeutet, eine Frau, Mutter und Tochter zu sein und auch das Thema Schönheitsideale und die Rolle der Geschlechter aufgreifen. Jeder soll sich von meinem Schmuck gemeint fühlen.“