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„Rules Of Attraction“ vereint Extreme zu einem rauschhaften Gemeinschaftserlebnis

Der Regisseur Alexander Fahima lädt in Kollaboration mit der Volksbühne über einen Stream zur Teilnahme an einem exzessiven Abend ein. Das Event ist höchst intim und öffentlich zugleich.

for i-D Magazine

„Rules Of Attraction“ vereint Extreme zu einem rauschhaften Gemeinschaftserlebnis

Der Regisseur Alexander Fahima lädt in Kollaboration mit der Volksbühne über einen Stream zur Teilnahme an einem exzessiven Abend ein. Das Event ist höchst intim und öffentlich zugleich.

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„Rules Of Attraction“ vereint Extreme zu einem rauschhaften Gemeinschaftserlebnis

Der Regisseur Alexander Fahima lädt in Kollaboration mit der Volksbühne über einen Stream zur Teilnahme an einem exzessiven Abend ein. Das Event ist höchst intim und öffentlich zugleich.

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Berlin ist eigentlich bekannt für sein pralles, kulturelles Leben und eine der vitalsten Theater- und Opernszenen Europas. Doch seit einem Jahr steht die Stadt still. Die Kulturhäuser sind coronabedingt geschlossen, überall Bühnen im Dornröschenschlaf. Wichtige Begegnungsräume für ein gemeinsames Nachdenken auf der Grundlage von sinnlichen, spielerischen Erlebnissen fehlen, die Sehnsucht nach Kultur wächst täglich. Um dieser Ödnis entgegenzuwirken, beschäftigen sich viele Künstler:innen mit der Frage, wie die Spielräume des Digitalen für Oper und Theater nutzbar sein können. Dass sich interessante Netzformate entwickeln lassen, beweist das Opernprojekt „Rules Of Attraction“ von Regisseur Alexander Fahima. Sein interdisziplinäres Gesamterlebnis vereint Installation, Malerei, Kostüme, Körperperformance und Soundkompositionen und eine Dinnerparty mit dem „Ring des Nibelungen“ von Richard Wagner. In einer Kooperation mit der Volksbühne wurde die Oper als 15-stündiger Live-Stream gezeigt. Entstanden ist das Projekt unter strengsten Sicherheitsauflagen, alle Akteure haben sich zuvor in Quarantäne begeben und wurden vor und nach der Produktion getestet.

Obwohl während der Planung bereits eine Choreographie skizziert wurde, sollte die Veranstaltung nicht schon vorher geformt sein und von ihrer Zufälligkeit leben. Durch die radikale Länge wurden die Zuschauer:innen eingeladen, in das gesamte Event einzutauchen, vom frühen Abend bis zum nächsten Mittag.

Wie genau ist dein Opernprojekt entstanden?
Im letzten Sommer war ich auf einer Hausparty, durch die ich einen sehr besonderen Freundeskreis näher kennengelernt habe. Daraus entstand die Idee, ein Portrait dieser Community zu entwickeln und all ihre Disziplinen, also Kostüme, Design, Fotografie, Musik und Tanz zu vereinen. Natürlich halte ich jeden Einzelnen für talentiert, aber besonders ist die Kraft, die sie in der Gemeinschaft entwickeln. Das Zusammenspiel aller hat mich interessiert.

Hat sich diese Kraft während der gemeinsamen Arbeit bestätigt?
Unbedingt. Am Theater oder an der Oper muss man sich oft erst annähern, hier gab es von Anfang an ein tiefes gegenseitiges Vertrauen. Es ging nicht um eine künstliche Herstellung von Nähe. Die Intensität der Beziehungen war die Grundvoraussetzung, damit sich alle dem Abend in Full Effect hingeben konnten. Durch dieses Zusammenspiel ist eine überpersönliche Arbeit entstanden.

Nachdem du die Idee einer kollaborativen Kunstaktion hattest - wie bist du weiter vorgegangen?
Die Volksbühne hat mir angeboten, bei der Serie „Next Waves Theater“ mitzumachen, einem digitalen Labor, das sich mit der Zukunft von Performance auseinandersetzt. Es gab keinerlei kreative Vorgaben, dafür aber auch ein eher nur überschaubares Budget. Ich hatte schon länger über ein Projekt mit diesem Freundeskollektiv fantasiert und so den Rahmen dafür gefunden. Insgesamt haben die Vorbereitung drei Monate gebraucht.

Wie genau hast du das Event im Vorfeld strukturiert?
Mir war wichtig, dass der Abend klassisch mit einem Dinner beginnt. Generation, der auch fotografiert hat, war dafür verantwortlich. Man sieht, es waren wirklich nur Leute aus dieser Community beteiligt. Patrick hat einen Remix produziert, Mau eine psychoautomatische Malaktion. Beim Hören und bei der Auseinandersetzung mit der Musik kam mir der virtuose Tanz von Steph in den Kopf, alles hat sich sehr organisch entwickelt. Auch bei der Auswahl der DJs habe ich genau überlegt, wer passen könnte, wie etwa Sh Se. Wer seine Hör Sets kennt, weiß: er gibt Musik eine visuelle Komponente.

Wie hast du dich für einen Ort entschieden?
Eigentlich sollte alles in der Kreuzberger Altbauwohnung eines Freundes stattfinden, schlussendlich ist meine Wahl auf das Aptm Berlin gefallen, eine Loftetage in einem versteckten Hinterhof. Das Set Design hat durch die Größe viel Zeit beansprucht, auch Licht und Accessoires waren eine Herausforderung. Der Vibe sollte ja dem einer Hausparty entsprechen. Es ging darum, diesen riesigen Raum einzunehmen.

Die Veranstaltung wurde von allen Akteur:innen und deshalb aus ganz unterschiedlichen, sehr persönlichen Perspektiven mit dem Smartphone aufgenommen.
Auch beim Filmen war es dir wichtig, diese in sich geschlossene Atmosphäre zu wahren?
Alle 20 Freund:innen haben unterschiedliche Teile des Abends und damit auch durch ihren Blickwinkel aufgenommen. Die Teilnehmerperspektive beim Filmen war essenziell, um den Safe Space zu wahren. Obwohl durch den Stream zugeschaut wurde, sollte vor Ort niemand voyeuristischen Blicken ausgesetzt sein. Jeder hat zu einer anderen Zeit gefilmt, weshalb am Ende die ganze Party zu sehen war, aber eben aus verschiedenen Sichtweisen.

Trotz des kollektiven Rauschs ist das Erlebnis ja sehr subjektiv?
Genau. Als Zuschauer:in hat man immer wieder eine andere Person auf ihrem Trip begleitet. Der Ring ist ja nicht einfach nur eine Oper, sondern ein Zyklus aus vier Musikdramen. Wie bist du darauf gekommen, dir ausgerechnet dieses gewaltige Werk vorzunehmen?

Ich habe mich selbst gewundert, dass ich mit Wagner einmal so gut zurechtkommen würde, aber es sind eben 15 wunderbar komponierte Stunden und eine reichhaltige Erzählung.
Die Idee war, für den Stream die Handyvideos mit dem „Ring des Nibelungen“ kurzzuschließen und so die Opéra Concrète entstehen zu lassen. Ich war im Vorfeld sehr gespannt, welches Bild man zu welcher Musik sehen würde. Alle meine Erwartungen wurden am Ende übertroffen, es gab tolle Kombinationen.

Es war auch eine künstlerische Entscheidung, die ganzen 15 Stunden zu zeigen und das Videomaterial nicht auf etwa drei Stunden zu reduzieren. Warum hast du dich dafür entschieden?
Es ging mir nicht um die Verdichtung des Materials, ich wollte nichts komprimieren, keinerlei Beschleunigung. Ich habe den Abend einfach passieren lassen. Es gab daher auch die Gelegenheit zum Abschweifen, trotzdem war ich mir sicher, dass es immer etwas geben wird, das sehenswert ist. Die Stimmung und der körperliche Zustand ändern sich im Verlauf einer Party natürlich, ich wollte nicht, dass man sich direkt in die Ekstase klicken kann. Erregung, Enthemmung, Erschöpfung sollte man in real time miterleben. Deshalb habe ich bewusst nicht nur ein Best-of herausgeschnitten und daraus eine Collage gebaut.

Der Zusammenhalt der Gruppe definiert sich über geteilte Werte und den Wunsch, sich kreativ auszudrücken. Ging es dir darum, einerseits die Stärke des Kollektivs zu zeigen, aber auch die markante Identität jedes Einzelnen?Mein Grundgedanke war, eine Situation abzufilmen, die von schönster und fragilster Freiheit erzählt. Körper zu zeigen, die sich nicht binden lassen, auch nicht an eine Sexualität. Geschlechtergrenzen lösen sich ja zum Glück sowieso immer mehr auf. Ich wollte bei dieser Arbeit die Verschiedenheit des Freundeskreises zeigen und dass die Gruppe ihre Heterogenität mit großem Stolz lebt. Viele dachten, wir hätten ein aufwändiges Casting betrieben, um diese schillernden Figuren zueinander zu bringen, aber es sind wirklich alles echte Beziehungen. Kunstperformance und Realität sind hier eins.